Elektro-Scooter: Die meisten besitzen keine Straßenzulassung...

»Wir wollen uns einen E-Scooter kaufen. Braucht man für so einen Cityroller eigentlich einen Führerschein?«
 
E-Scooter, Elektroroller

Im Prinzip ja! Und nicht nur das...

Seit dem letzten Sommer sind Electric-Scooter groß im Kommen; zuerst in den USA, jetzt auch in Deutschland. Für relativ kleines Geld kann man so einen Elektroroller auf Trödelmärkten, über's Internet und in Kaufhäusern erwerben (ein großer Drogeriediscounter verkauft gerade welche für 99 Euro...). Diese Fahrzeuge werden meist im Ausland produziert. Aber so mancher Käufer wünscht sich im Nachhinein, er hätte sich vor dem Kauf besser informiert...

Das Problem ist: Kaufen kann man ja alles Mögliche, aber benutzen darf man einen Scooter deshalb noch lange nicht überall. Die Frage ist, wer so ein Gerät unter welchen Voraussetzungen fahren darf, und wo. Dafür gibt es eindeutige Vorschriften; wer die nicht kennt, riskiert Flensburger Punkte und eine saftige Strafanzeige.

 

Öffentlicher Verkehr

Kraftfahrzeuge, die schneller als 6 km/h fahren können, brauchen in Deutschland eine Betriebserlaubnis, wenn man sie auf öffentlichen Straßen benutzen möchte. Um es deutlich zu sagen: Das kann einem Hersteller in Taiwan (oder wo auch immer) natürlich völlig egal sein, und den Importeur sowie den Verkäufer interessiert das usch nicht großartig, solange die Nachfrage stimmt. Verkauf und Erwerb sind legal. Es gibt leider keine ausdrückliche Verpflichtung, den Käufer besonders darauf aufmerksam zu machen, dass man eine Betriebserlaubnis benötigt.

 

Öffentlicher Verkehrsraum?

•  Vereinfacht gesagt ist öffentlicher Verkehrsraum überall dort, wo sich jedermann aufhalten kann, ohne vorher ein Hindernis (Schranke, Zaun, Absperrung, Pförtner...) überwinden zu müssen.

•  Es spielt keine Rolle, ob es sich um ein Grundstück in Privatbesitz handelt! Auch der Parkplatz einer Gaststätte, der "nur für Kunden" reserviert ist, ist öffentlicher Verkehrsraum, solange der öffentliche Zugang nicht verhindert bzw. ständig kontrolliert werden kann.

•  Beispiele: Eine Straße / eine Spielstraße / eine Anliegerstraße / ein verkehrsberuhigter Bereich / ein geöffneter Supermarkt-Parkplatz / ein Flussufer / ein Spielplatz
...das alles ist öffentlicher Verkehrsraum!

•  Nur tatsächlich abgesperrtes Gelände (z.B. Schulhof mit geschlossenen Toren, Verkehrsübungsplatz mit Einlasskontrolle, abgezäunter Garten hinterm Haus) ist im verkehrsrechtlichen Sinn privat! Dort bestimmt der Eigentümer, was erlaubt ist.
 

 

Betriebserlaubnis

Bekommt man für einen E-Scooter problemlos eine Betriebserlaubnis? In der Regel nicht (zumindest nicht bei Billig-Fahrzeugen). Abgesehen davon, dass eine teure Einzelabnahme fällig wäre, erfüllen diese fahrenden Spielzeuge noch nicht einmal die grundlegendsten Anforderungen:

  • eine Beleuchtungsanlage fehlt
  • es gibt nur eine Bremse
  • keine Klingel oder Glocke vorhanden
  • unzureichende mechanische Stabilität

Mit anderen Worten: Die Benutzung eines solchen City-Bikes der Billig-Klasse auf öffentlichen Straßen führt dazu, dass man wegen fehlender Betriebserlaubnis angezeigt werden kann. Das Fahrzeug darf von der Polizei unter Umständen sogar beschlagnahmt werden. In einigen deutschen Städten sind solche Aktionen bereits gelaufen.

Es gibt jedoch auch seriöse Anbieter von besseren Elektro-Scootern, die sich mit den deutschen Vorschriften gut auskennen und ihre Fahrzeuge nur mit gültiger Betriebserlaubnis verkaufen. Diese »Guten« erkennt man am entsprechenden Hinweis (»mit Straßenzulassung für Deutschland«, »Betriebserlaubnis erteilt« usw.) und natürlich am Preis.

Die Betriebserlaubnis ist mitzuführen.

 

Prüfbescheinigung / Führerschein

Wer keine Berechtigung zum Führen eines solchen Kraftfahrzeugs besitzt, gerät noch tiefer in den Schlamassel. Aufgrund der technischen Daten (Kraftrad, Höchstgeschwindigkeit 20-25 km/h) ist der E-Scooter fahrerlaubnisrechtlich in der Regel wie ein Mofa zu behandeln. Man benötigt deshalb für einen solchen Elektroroller auf öffentlichen Straßen mindestens die Mofa-Prüfbescheinigung, die frühestens mit 15 Jahren erworben werden kann. Jede beliebige andere Fahrerlaubnisklasse tut es auch, also etwa ein Führerschein der Klasse L, M, A1, A oder B (die früheren Klassen 5, 4, 1b, 1 oder 3). Davon befreit sind nur Personen, die vor dem 1.4.1965 geboren sind, denn die dürfen Mofas auch ohne Prüfbescheinigung fahren.

Das Führen eines fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugs ohne die vorgeschriebene Prüfbescheinigung ist eine Ordnungswidrigkeit. Ist der Scooter jedoch fahrerlaubnispflichtig (weil er z.B. schneller als 25 km/h fahren kann), liegt sogar eine Straftat vor, falls man keine passende Fahrerlaubnis besitzt.

Die Prüfbescheinigung bzw. Fahrerlaubnis ist mitzuführen.


Haftpflichtversicherung

Jeder, der eine Mofa-Prüfbescheinigung oder einen Führerschein besitzt, musste spätestens bis zur theoretischen Prüfung gelernt haben, dass Kraftfahrzeuge auf öffentlichen Straßen eine Haftpflichtversicherung benötigen. Sie kostet ca. 60-80 Euro pro Jahr. Diese Haftpflichtversicherung wird bei Mofas und Kleinkrafträdern durch einen Versicherungsnachweis und das hinten am Fahrzeug angebrachte Versicherungskennzeichen bescheinigt. Bei Verkehrskontrollen sind die nicht versicherten E-Scooter deshalb auch auf große Entfernung zu erkennen. Sie werden gleich an Ort und Stelle aus dem Verkehr gezogen.

Im Falle eines Unfalls müssen Fahrer und Eigentümer eines unversicherten Kraftfahrzeugs außerdem persönlich für den angerichteten Schaden aufkommen, egal wie hoch die Schadenssumme ist. Eine Privat-Haftpflichtversicherung zahlt dafür nicht. Passiert ein Unfall mit einem Fußgänger, dann haftet der Fahrzeughalter (in diesem Fall der Eigentümer) sogar dann, wenn dem Fußgänger ein Verschulden nachzuweisen ist.

Das Benutzen eines versicherungspflichtigen Fahrzeugs ohne die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung ist eine Straftat. Die Versicherungsbescheinigung ist mitzuführen.

 

Fazit?

  • Vor dem Kauf informieren, ob der Elektroroller den Vorschriften entspricht, d.h. ob dem Fahrzeug eine Betriebserlaubnis beiliegt.
  • Prüfen, ob es überhaupt eine Versicherungsgesellschaft gibt, die bereit ist, den Roller zu versichern
  • Einen Scooter (mit dem man höchstens 25 km/h fahren kann) darf im öffentlichen Verkehr nur derjenige benutzen, der eine Mofa-Prüfbescheinigung oder einen Führerschein besitzt, und sofern wenn die Haftpflichtversicherung abgeschlossen worden ist
  • Während jeder(!) Fahrt muss die Beleuchtung eingeschaltet sein, denn Krafträder haben nach § 17 StVO auch tagsüber beleuchtet zu fahren. Das strapaziert zwar den Akku, reduziert dadurch die Kilometerleistung, ist aber sicherer und vorgeschrieben
  • Gehwege dürfen nur dann benutzt werden, wenn der Roller mit ausgeschaltetem Motor geschoben wird!
  • Helmpflicht besteht, wenn der Roller schneller als 20 km/h fahren kann
  • Wer bereits einen E-Scooter gekauft hat und nun feststellt, dass er ihn im Prinzip gar nicht benutzen darf, hat gute Karten, wenn er nachweisen kann, dass der Verkäufer irreführende oder bewusst falsche Angaben über die wesentlichen Eigenschaften des Fahrzeugs gemacht hat (»führerscheinfrei«, »zulassungsfrei« usw.). Dann kann man als Kunde sogar den Rücktritt vom Kaufvertrag verlangen.

 

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